2017er Weißburgunder, man kann ihn auch so trinken…

Winzer Klaus Böhme aus © Copyright Karl-Heinz Hänel

Winzer Klaus Böhme, Kirchscheidungen / Laucha © Copyright K.-H. Hänel ModelRelease

Ostdeutschland – Es lebt sich gut vom Wein allein…

Im Unterschied zu fast allen anderen Weingütern der Region liegt der Fokus des Familienweinguts von Klaus Böhme nur auf Wein. Das Familienweingut von Klaus Böhme und Ina Paris bewirtschaftet 12 Hektar Rebfläche. Mehr in der Vinothek

Aktuell liest man auf der Website: Vom Winter in den Sommer – dem Frühling bleibt wohl 2018 nicht viel Zeit! Die fast sommerlichen Temperaturen haben die Entwicklung in den Weinbergen enorm voran gebracht. Bis zum Austrieb bleiben nur noch wenige Tage.

Winzer Klaus Böhme aus Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

Winzer Klaus Böhme, Kirchscheidungen / Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

Ich besuchte und befragte Klaus Böhme. in Kirchscheidungen / Laucha…
KHH:
“Herr Böhme, wie wurden Sie Winzer und wie kamen Sie zu Ihrem Weingut?“

Klaus Böhme:
“Da muss man ein bisschen ausholen, das ist auch das besondere an der Ostdeutschen Landwirtschaftsgeschichte. Nach Kriegsende 1945 war es ja so, dass  wir hier dann nach kurzer amerikanischer Besatzung in russische Besatzung gerieten und mit dem Einmarsch der russischen Truppen fand dann im Herbst 45 eigentlich die erste große Umwälzung der Landwirtschaft statt, nämlich dass alle Betriebe, die größer als 100 Ha. waren, entschädigungslos enteignet wurden. Das traf zum Glück für den Hof meiner Großeltern nicht zu, es gab dann noch eine Übergangsphase von 15 Jahren bis 1960, in der meine Großeltern den Betrieb selbst bewirtschaften konnten.

Winzer Klaus Böhme aus Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

Winzer Klaus Böhme , Kirchscheidungen / Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

1949 ist ja dann die DDR entstanden und der Schlusspunkt für die Selbständigkeit in der Landwirtschaft gesetzt wurde. Man nannte das im hiesigen Sprachgebrauch die Kollektivierung der Landwirtschaft, um diese nach dem russischen Vorbild auszurichten. Praktisch sah das dann hier so aus, meine Großeltern hatten ja bis 1960 hier noch selbständig gearbeitet, dann kam vom Staat die Verordnung, das alle Betriebe zwangsweise aufhören und in die LPGs ( Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft ) eintreten mussten. Eine Liquidierung der Betriebe mit einem Unterschied zu 1945, die Grundbücher blieben 1960 unangetastet, d.h. wir blieben Besitzer der Böden, was in dem Moment wertlos war, weil wenn man keinen Zugriff mehr auf die Flächen hatte, diese sind pachtfrei in die LPG übergegangen. Dafür musste man eine Abtretung unterschreiben. Dann war für knapp 30 Jahre Ruhe mit der Selbständigkeit hier auf dem Hof.

Wir blieben hier wohnen, wobei die ersten 10 Jahre die LPG auch noch unsere Wirtschaftsgebäude genutzt hatte. Es wurde auf dem Hof von uns kein Geld mehr verdient und dem entsprechend war das auch für die dörflichen Strukturen ein Niedergang, das muss man einfach mal so sagen. Auch eine Sanierung der Gebäude fand 30 Jahre einfach nicht statt. Nur mit Eigeninitiative und Enthusiasmus, wie ich das Ende der 80er Jahre noch erlebt habe, hatten wir dann hier versucht, die Wirtschaftsgebäude zu erhalten.

Dann kam die Wiedervereinigung, ich hatte gerade mein Landwirtschaftsstudium abgeschlossen, begann eine wahnsinnig spannende Zeit, wo ich überlegte, was macht man jetzt, als ausgebildeter Landwirt mit Aussicht, den großälterlichen Betrieb wieder zu aktivieren. Meine Mutter lebt heute noch und hat diese aktive Phase von Anfang an begleitet.

Winzer Klaus Böhme aus Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

Winzer Klaus Böhme , Kirchscheidungen / Laucha © Copyright K.-H. Hänel ModelRelease

Wie kam es dann zum Vollwinzerbetrieb, vom klassischen Betrieb der Großeltern mit Milchvieh und Schweinemast, sowie dem Weinbau, der nur eine kleine untergeordnete Rolle spielte, weniger als ein halber Hektar, der mehr oder weniger zur Selbstversorgung diente, meine Großmutter hatte zwar bereits einen recht guten Wein gemacht, zu LPG-Zeiten wurde der Weinberg 20 Jahre sich selbst überlassen, weil er für die LPG zu abgelegen lag, quasi in Handarbeitslage. Dann in den 80er Jahren gab es noch ein Mobilisierungsprogramm der DDR: “Alle Ressourcen zu nutzen, um die Volkswirtschaft zu stützen.“

Die LPG vertrat den Standpunkt, Ihr habt den Weinberg mit eingebracht, wir können ihn nicht bewirtschaften, aber wenn ihr wollt, könnt ihr ihn bewirtschaften. Aber die Trauben bitte in der Winzervereinigung Freyburg abliefern…. Ich war ein junger Bursche und dachte, ja so bekommen wir unseren Weinberg zurück und wir pflanzten Reben. Silvaner natürlich, das war an der Saale-Unstrut die Rebsorte schlechthin. Das war dann die Geburt des Weinguts.

Bis zur Wiedervereinigung war das Leidenschaft und Hobby. Dann kam die Überlegung, warum nicht beruflich das tun, was man gerne tut. Wir haben dann nach der Wiedervereinigung eine Betriebsgründung vorgenommen.

Weinberge an der Unstrut bei Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

Weinberge an der Unstrut bei Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

1992 haben wir dann die ersten größeren Rebflächen gepflanzt, 5 Ha. Und mit der Maßgabe, wir gehen in die Selbstvermarktung, d.h. Verarbeitung der Trauben zur Flasche.

KHH:
“Warum nicht den Weg zur Winzervereinigung?“

Winzer Klaus Böhme aus Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

Winzer Klaus Böhme , Kirchscheidungen / Laucha © Copyright K.-H. Hänel ModelRelease

Klaus Böhme:
“Wir wollten das Produkt von Anfang bis Ende begleiten. Es gibt ja heutzutage wenige Branchen, wo man das noch machen kann. Von der Auswahl der Rebfläche, das Pflanzen und Heranwachsen der Reben, dann über die erste Ernte, dann die Lese, dann die Schnittstelle zur Verarbeitung, dann verarbeitet man die Trauben hoffentlich zu einem gescheiten Wein, dann bringt man die Weine zur Abfüllung, stellt sie den Kunden auf den Tisch, erlebt, wie die Weine probiert werden, vielleicht auch gefallen… dieser geschlossene Kreislauf hat mich wahnsinnig gereizt.“

KHH:
“Sie gingen aufgrund Ihrer Betriebsgröße den Weg zum Selbstvermarkter?“

Klaus Böhme:
“Die Genossenschaft wurde 1934 gegründet, um kleineren Winzern mit kleineren Flächen die Gelegenheit zu geben, ihre Weine auszubauen. Die Genossenschaft war ein Verbund aus kleineren Winzern, zwecks gemeinschaftlicher Vermarktung. Ein kleiner Winzer konnte sich keine Presse leisten und keine Abfüllanlage.

KHH:
“Von Anfang an kelterten Sie den Weißburgunder?“

Klaus Böhme:
“ Weißburgunder und Riesling stellen klimatisch schon besondere Ansprüche und waren in dieser Region nicht stark verbreitet. Wobei für mich der Weißburgunder eine große Herausforderung ist und eine große Chance für die Region ist, weil er hier im Unstrut-Tal auf Muschelkalk und Verwitterungsböden wachsen kann. Die Burgunder sind eigentlich für Kalkböden wie geschaffen. In den 90ern fristete diese Rebsorte ein Nischendasein, alte Winzer vertraten die Meinung: “von 9 Jahren sind 3 gut, 3 so lala und 3 schlecht…“  so waren in den 90ern die Lage und die Auswirkung des hiesigen Klimas.

Winzer Klaus Böhme aus Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

beim Winzer Klaus Böhme in Kirchscheidungen © Copyright Karl-Heinz Hänel

Foto: 20 Grad im April sind keine Seltenheit mehr …

Heute nach 25 Jahren muss man allerdings sagen:“voilà“. Außer dem Jahrgang 96, der  war ein bitterkalter Sommer, ansonsten erlebten wir nur tolle Jahrgänge, allerdings auch mit Ecken und Kanten, doch das gehört dazu. Das alles zeigt aber auch, wie dramatisch diese Klimaveränderung über uns gekommen ist.“

KHH:
“Wieviel Weißburgunder bauen Sie an?“

Klaus Böhme:
“30% Burgunder, das ist schon ein hoher Anteil. Die restlichen 70% machen  Riesling und Müller-Thurgau, sowie Silvaner aus. Weißburgunder hat für mich immer so von allem etwas, er ist nicht so leise wie ein Silvaner, nicht so laut wie ein Riesling oder Müller-Thurgau, sondern er liegt genau dazwischen. Gerade als Speisenbegleitung ist er sehr

Die Weine von Klaus Böhme aus Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

Die Weine von Klaus Böhme Kirchscheidungen © Copyright Karl-Heinz Hänel

interessant, … man kann ihn auch so trinken. Der rote ist leider schon ausgetrunken.

Die Weine von Klaus Böhme aus Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

Klaus Böhme bevorzugt Schraubverschlüsse © Copyright Karl-Heinz Hänel

Der Weißburgunder hat mehr als nur einen Regionalfaktor, den kennen auch die Franzosen, ein Wein der weltweit bekannt ist. Ich denke schon, dass der Burgunder für diese Region ein wichtiger Wein ist. 2017 war ein spannendes Jahr, wie jedes eigentlich, ja, es war ein richtig gutes Weinjahr, so wie schon 2015 und 2016 auch. Und durch unsere Grunderfahrung können wir ein wenig Kontinuität steuern. Ich werde oft gefragt, wie ist denn der neue Jahrgang,? O.K., da gibt es schon gewisse jahrgangsbedingte Unterschiede, aber es ist auch eine gewisse Grundkonstanz drinne. Natürlich sind die Weine der verschiedenen Jahrgänge eigenständig, aber das hohe Niveau zu halten, ist am Ende die eigentliche Herausforderung. Man hat nur noch wenige Stellschrauben, ein erreichtes hohes Niveau zu halten“.

Wein von Klaus Böhme aus Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

Wein vom Winzer Klaus Böhme, Kirchscheidungen © Copyright Karl-Heinz Hänel

KHH:
“Ihr Anspruch ist Kontinuität?“

Klaus Böhme:
„Einfach ne Handschrift zu erkennen, für mich ist die Traube die Primärquelle des Geschmacks, dafür gehen wir das ganze Jahr in den Weinberg“.

Wein von Klaus Böhme aus Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

Ein guter Wein vom Winzer Klaus Böhme © Copyright Karl-Heinz Hänel

KHH:
„Nicht der Winzer ist ausschlaggebend für den Wein?“

Klaus Böhme:
„Ich geb natürlich mein bestes, aber ausschlaggebend sind die Trauben…“

Beim Winzer Klaus Böhme aus Laucha © Copyright Karl-Heinz Hänel

Beim Winzer Klaus Böhme in Kirchscheidungen © Copyright Karl-Heinz Hänel

In dritter Generation behauptet sich ein Vollwinzer auf hohem Niveau, Klaus Böhme

 

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