Pienza, toskanische Ideal-Stadt des Pius II., Wiege der Renaissance
Pienza ist seit 1996 UNESCO Weltkulturerbe. Inzwischen Made in China a la Schneekugel.
Vor ein paar Jahren staunten die Bewohner von Pienza noch über die gelegentlichen Besuche von Fernseh-Teams aus Japan und wenig später auch aus China.
Heutzutage bevölkern große Gruppen (Foto) asiatischer Groß-Reiseveranstalter die Altstadt und fallen danach (verständlicherweise) hungrig in die kleinen Osterien und Restaurants ein.
Das ist doch gut für den Umsatz, sollte man meinen. So mancher Gastronom in Pienza nimmt nun 4 oder 5 € für eine Dose Coca Cola und spottet über Luciano, Padrone der Osteria Sette di Vino, der an seinen moderaten Preisen fest hält. Denn seine ihm wichtigen Gäste sind nicht die 1-Stunde-Touristen, auch nicht die Eiligen, aber schon gar nicht Asiaten. Denn die sind von einem hektischen Terminplan getrieben, wollen nur schnell satt werden und gleich weiter zum nächsten sehenswerten Ort, sei es Siena, Montalcino oder Montepulciano.
Foto: Wir sind in Pienza, zu Gast in der Osteria Sette di Vino von Luciano
Foto: „Una grande catastrofe“, so umschreibt Luciano den Zustand des plötzlich über die Toskana einfallenden asiatischen Touristmus, inzwischen täglich von 10:00 h bis 14:oo h.
Lucianos Kundschaft sind in erster linie die Bewohner von Pienza und der umliegenden Orte mit kleinem Taschengeld für Gastronomiebesuche, dafür aber auch im heißen Sommer kommen, wenn Touristen sich im Schatten verkriechen, wie auch im Winter, wenn die Touristen zuhause sind und vom blühenden Frühjahr oder leuchtenden Herbst schwärmen.
Foto: Die Karavane zieht weiter…
„Niente ha capito“, die wollen in erster Linie schnell satt werden, egal von was, am liebsten so billig wie möglich, Pizza, Pasta, Pane. Das ganze Gegenteil, wofür Luciano 6 Tage in der Woche schuftet. Nämlich, Gästen ein wenig toskanischer Kultur mit seinen kulinarischen Produkten der Region und traditionellen Rezepten seiner Mutter vermitteln zu wollen. Asiatische Gruppen würden aus seiner echten Osteria in ein paar Jahren ein leerstehendes Restaurante machen, weil Italiener und Europäer von ihren Stühlen verdrängt werden würden und in Folge nicht mehr wieder kämen.
Overtourism hat längst die kleinsten Touristenplätzchen erreicht, siehe Pienza / Toscana, ein kleiner idyllischer Ort in der südlichen Toskana, den ich im letzten Jahrhundert entdeckte und lieb gewonnen habe. Damals traf ich dort Peter Raue, (Rechtsanwalt und Kunstförderer Prof. Dr. Raue). Wir stimmten darin überein, dass wir an einem traumhaft schönen Ort seien. Doch als ich ihm erzählte, dass ich darüber schreiben und somit viele auf diesen Ort aufmerksam machen wollte, darauf reagierte Peter Raue so:“Nein, bloß das nicht, auf keinen Fall. Dann kommen doch alle her, das wollen wir doch nicht.“
Das machte mich zunächst nachdenklich. Später entwickelte ich meine eigende Theorie, möglichst denjenigen diesen Ort zu empfehlen, die dies zu schätzen wüssten, um somit die örtlichen Kapazitäten durch „Wertschätzer“ auszuschöpfen, sodass die unerwünschten Massentouristen im wahrsten Sinne des Wortes draussen bleiben müssten.
Ein paar Jahre hat das gut funktioniert. Doch bei meinem Besuch im letzten Jahr erlebte ich selbst, wie Overtourism einen kleinen Ort wie Pienza zu erdrücken droht.
In meiner kleinen Lieblings-Osteria tauchte zur Mittagszeit ein chinesischer Reiseleiter auf und wollte für seine gut 30 Reisende große Gruppe ein Mittagessen organisieren. Möglichst sofort, möglichst billig und dann weiter zum nächsten Ort. Mal davon abgesehen, dass diese kleine Osteria gar nicht so viele Plätze hatte, der Padrone hatte schon seine Erfahrung mit derartigen Gruppen gemacht. Keine guten. Die wollten Fastfood und Coca Cola, würden weder genießen, noch verstehen, um was es hier geht.
Die toskanische Küche und Kultur würde am ende auf der Stecke bleiben.
Fazit: Overtourism ist ein Alptraum, der kleine Orte zu Disneyländern verkommen lässt.
Das so zu sehen, ist keine Touristenphobie, sondern eine Warnung an all die, die mit dazu beitragen, gewollt oder unbewusst.
Das machte mich zunächst nachdenklich. Später entwickelte ich meine eigende Theorie, möglichst denjenigen diesen Ort zu empfehlen, die dies zu schätzen wüssten, um somit die örtlichen Kapazitäten durch „Wertschätzer“ auszuschöpfen, sodass die unerwünschten Massentouristen im wahrsten Sinne des Wortes draussen bleiben müssten.
Ein paar Jahre hat das gut funktioniert. Doch bei meinem Besuch im letzten Jahr erlebte ich selbst, wie Overtourism einen kleinen Ort wie Pienza zu erdrücken droht.
In meiner kleinen Lieblings-Osteria tauchte zur Mittagszeit ein chinesischer Reiseleiter auf und wollte für seine gut 30 Reisende große Gruppe ein Mittagessen organisieren. Möglichst sofort, möglichst billig und dann weiter zum nächsten Ort. Mal davon abgesehen, dass diese kleine Osteria gar nicht so viele Plätze hatte, der Padrone hatte schon seine Erfahrung mit derartigen Gruppen gemacht. Keine guten. Die wollten Fastfood und Coca Cola, würden weder genießen, noch verstehen, um was es hier geht. Die toskanische Küche und Kultur würde auf der Stecke bleiben.
Fazit: Overtourism ist ein Alptraum, der kleine Orte zu Disneyländern verkommen lässt.
Das so zu sehen, ist keine Touristenphobie, sondern ein Apell an all die, die dazu beitragen.
Genuss braucht seine Zeit, Bruschetta Ricotta e Cipolla und Assaggi di Salumi misti.
Luciano hat die hohe Kunst der original toskanischen Küche von seiner Mutter gelernt.
Seit 1992 bewirtet er Gäste in seiner kleinen Osteria „Sette de Vino“ in Pienza.
Foto: … no Pizza, no Pasta, no Coca Cola Light, no Cappuccino, no Internet … Luciano versucht mit dieser Barriere die Spreu vom Weizen zu trennen. Eilige Römer oder Florentiner, die am liebsten schon zahlen wollen, wenn das Essen auf den Tisch kommt, die möchte er nicht bewirten. Darum sind seine Tische reserviert und werden nur dann vergeben, wenn sich jemand die Zeit nimmt, wenigstens 5 Minuten auf einen freien Tisch zu warten.
Foto: Der Padrone kocht selbst. Kleine Preise bedeutet aber auch, wenig Gewinn und niedrige Löhne. Wie auch in Deutschland, ist es in Italien trotz hoher Arbeitslosigkeit nicht einfach, für die Gastronomie motiviertes Personal zu bekommen.
Dabei will Luciano auch nicht reich werden, sein Credo lautet: „Ein zufriedener Gast, der es nicht eilig hat, sondern sich die Zeit nimmt, zu genießen, gibt ihm mehr, als ein hohes Trinkgeld es könnte.“
Um das Kulturgut der Toskanischen Küche zu bewahren, bedarf es Kulinariker wie Du und ich, die überall in Italien traditionelle örtliche Osterien aufsuchen, sich gern Zeit nehmen, probieren und Genießen. Denn wo ein Feinschmecker zu Tisch sitzt, ist kein Platz für einen ungebildeten eiligen Esser, egal ob aus den USA oder Asien…
Foto: Eine Bruschetta Ricotta e Cipolla, dem frischen Schafskäse, original aus Pienza, hat nach Lucianos Meinung nach so auszusehen: die Ricotta wird locker und in Wellen auf das Brot gestrichen…
Foto: … wie die Hügel der Val d’Orcia, anschliessend mit dem Messer gefurcht, damit das wertvolle hauseigene Olivenöl nicht gleich wieder herunterläuft.
Foto: Die Fagioli Cannellini all Olive e Cipolla werden ebenso mit dem Öl der eigenen Olivenbäume und der Pfeffermühle gereicht. Denn nur die frische Würzung trägt zum genussvollen Aroma bei.
Foto: Die Zuppa ist ein regionaler Eintopf mit Brotstückchen
Foto: Luciano serviert Genießern nach dem Essen die Schlange. Die „Serpe di Pienza:
… ist ein typisches süßes Dolche, das noch in einer Bäckerei von Pienza für Kinderfeste gebacken wird. Das Gebäck besteht hauptsächlich aus gehackten Mandeln, Mehl & Zucker.
Ihren historischen Ursprung hat die Schlange in Abbildungen aus der Vorzeit, als in dieser Gegend heidnische Fruchtbarkeitskulte durch Fabelwesen in Sandsteinhöhlen und später in der Fassade der Pfarrkirche Santi Vito e Modesto verewigt wurden.
Foto: Wer einen Vin Santo mag, bekommt dazu einen Aprikosenkuchen mit Wallnüssen.
Tipp: Sette di Vino, Piazza di Spagna No.1, 53026 Pienza, ab 12:00 h oder ab 19:30 h. Reservierung Tel. 0578 74 9092 weiter
„Werbung“:
Von Michael Müller der neue Reiseführer:“Toscana„ (18. Auflage 2018)
Wander-Tipp: Der Herbst ist eine der schönsten Zeiten für Wanderungen, auch rund um die Val d’Orcia und den vor Pienza liegenden Monte Amiata, auf 35 Touren führt die offizielle Toscana-Führerin Britta Ullrich Sie und Ihre ganze Familie mitten hinein in die prachtvollste Region Italiens: Neu aufgelegt: Toscana MM-Wandern