Cowgirls und Poeten

Veranstaltungs-Tipp: Cowboy Poetry Festival in Elko, Nevada
Hollywood und Karl May haben die scheinbar wichtigsten Tätigkeiten der Cowboys ausreichend gewürdigt: Reiten und Schießen. Nach erledigter Arbeit sitzen die Kuhjungen am Lagefeuer und singen ein Lied. Aber damit sind alle kulturellen Bedürfnisse der Cowboys noch nicht befriedigt.

Cowboy © Copyright Winfried Dulisch

Cowboy © Copyright Winfried Dulisch

Die Kenner und Freunde der unverfälschten Cowboy-Kultur treffen sich vom 27. Januar bis zum 1. Februar 2014 beim National Cowboy Poetry Gathering. Es findet bereits zum 30. Mal statt in Elko, einer Stadt im Nordosten des US-Bundesstaates Nevada.

Das Poetry Gathering ist ein Familientreffen der Cowboy-Kulturschaffenden. Hier treffen treffen sich jedes Jahr auch die aktuell prominentesten Sänger und Songschreiber, die sich der Cowboy-Musiktradition verpflichtet fühlen. Wie gesagt: Cowboy-Music.

Diese Cowboy-Musiker wollen auf keinen Fall verwechselt mit jenen Country-Stars, die weiter östlich in Nashville/Tennessee arbeiten. Der Country-Pop muss mit dem rhythmischen Brummen eines Diesel-Trucks harmonieren. In Elko treffen sich aber die Erzeuger von Zwischentönen, die eher mit dem Knistern eines Lagerfeuers und dem Wanderreit-Tempo eines Prairie-Pferdes kompatibel sind.

Solch ein Cowboykultur-Schaffender ist Ramblin’ Jack Elliot. Seine Gitarren-Zupftechnik wurde von dem jungen Bob Dylan kopiert.

Ramblin Jack Elliot © Copyright Winfried Dulisch

Ramblin Jack Elliot © Copyright Winfried Dulisch

Elliot revanchierte sich für dieses Kompliment, indem er schon Mitte der 60er Jahre dessen Lieder sang. Wenn Ramblin’ Jack heute beim Cowboy Poetry Gathering den Dylan-Song „Don’t Think Twice It’s Alright“ interpretiert, bezeichnet er den Songwriter augenzwinkernd als seinen „Sohn“.

Zur Cowboy-Traditionspflege gehört auch der dreitägige Workshop “Hat-Making”. Neben diesem Cowboyhut-Nähkursus werden 2014 unter anderem auch der Mundharmonika-Schnellkurs „Learn To Play Cowboy Harmonica Instantly“ oder das gemeinsame Singen beim „Harmony & Duet Singing“ angeboten.

Freunde einer deftigen Farmhausküche lernen hier auch die Zubereitung der Prairie-Auster kennen. Mancher europäische Gaumen muss sich bei diesem Kochkurs an den Geschmack dieser Regional-Spezialität – wichtigste Zutat: Stierhoden – erst einmal gewöhnen. Aber viele Cowgirls in Elko behaupten, dass sie am eigenen Leib erfahren haben, welche luststeigernde Wirkung eine Portion Prairie-Austern haben kann – nicht nur bei Cowboys.

Aber vorher noch das Tanzbein schwingen. Bei einem Westernswing-Tanzabend hörten 2012 viele Besucher zum ersten Mal, wie gut Cowboy-Songs und Jazz-Rhythmen miteinander harmonieren. Solch eine Tanzveranstaltung zum Abschluss des Poetry Gathering ist jedes Jahr auch ein Catwalk für die aktuellen Modetrends der Cowgirls und Cowboys.

Cowboy Mode © Copyright Winfried Dulisch

Cowboy Mode © Copyright Winfried Dulisch

2014 lautet das Motto des abschließenden Tanzabends: Cajun & Zydeco Dance. Cajun stammt von den weißen Bewohnern der Louisisana-Sümpfe, Zydeco ist die afro-amerikanische Variante. Anfänger können die Schrittfolgen für diesen Musettewalzer-Rock’n’Roll in einem Festival-Workshop erlernen.

Die Literatur-Fans kommen wegen der wildwest-romantischen Dichterlesungen und Storyteller-Workshops nach Elko. Viele Cowboy-Poeten und -Geschichtenerzähler sind Nachfahren der amerikanischen Ureinwohner. Alte Fotografien im Western Folklife Center von Elko erinnern daran, wie gerne die Rancher den Erfahrungsschatz der Native Americans nutzten.

In den Tierzucht-Betrieben waren oft mehr als die Hälfte der Cowboys indigener Abstammung. Erst die Wildwestfilm-Produzenten rückten dieses Verhältnis in ein schiefes Licht. Weiße Leinwand-Cowboys waren die Guten. Hollywood-Rothäute konnten zwar akrobatisch reiten und schießen, aber sie durften sich vor der Kamera nur unverständlich artikulieren und wurden als Feinde des weißen Mannes präsentiert.

Ein ähnlich falsches Bild zeichneten die Hollywood-Filmemacher auch von anderen Cowboys, die nicht von europäischen Vorfahren abstammten. Deshalb würdigt das Western Folklife Center auch die Kultur der Latino-Cowboys.

Das Berufsbild der Kuhhirten hat sich gewandelt vom raubeinigen Revolverhelden zum nachhaltig planenden Umwelt-Manager. Cowboys kämpfen heute – ähnlich wie verantwortungsbewusste Fischer und Jäger – an der Naturschutz-Front.

Ein Ranch-Manager, der auf keinen Fall als „Cowboy“ betitelt werden möchte, nennt als seine größte Sorge, „dass dieses herrliche Weideland zu einem Golfplatz verschandelt werden könnte.“ Denn Golfplatz – das bedeutet: Gras-Monokultur, Düngemittel, Wasserverschwendung.

Muss der Wilde Westen sich Sorgen machen um den Nachwuchs? Der Cowboy – pardon, Manager – schmunzelt wehmütig: „Mein Sohn will was Ordentliches studieren, irgendwas mit Wirtschaft oder so.“ Aber seine Tochter kann beruhigen: „Ich werde ein Cowboy.“ Und sie betont ausdrücklich: „Kein Cowgirl. Sondern Cowboy.“

Weitere Informationen: westernfolklife.org

Text & Fotos:Winfried Dulisch

Über Karl-Heinz Hänel

Ich bin freier Reise- und Bild-Journalist, content creator und ein PR-Multiplikator, unterhalte meine Leser mit Product Placement und erzähle Geschichten in Wort und Bild, die ich selbst erlebt habe. Dafür bin ich redaktionell verantwortlich. Alle Angaben gemäß § 5 TMG finden Sie im Impressum und in meiner Vita
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