Und dein Reiz noch immer nah…
„Eine Reise ist ein vortreffliches Heilmittel für verworrene Zustände…“ Franz Grillparzer
Reiselust
Kam zurück die Lust zu schweifen?
Wunsch zugleich und Scheu der Rast;
Drängts den Mißmut abzustreifen
In gedankenloser Hast?
Sieh die Pferde schon bereitet,
Das Geräte schon beschickt,
Der Gesichtskreis ist erweitet,
Der Gesichtspunkt ist verrückt.
Und so gehts durch Deutschlands Gauen,
Peitschenstreichs von Ort zu Ort;
Müd das Auge schon zu schauen,
Und die Lippe müd des Worts. –
Roma, Roma! Goldne Stunden,
Als ich deine Zauber sah.
Jahre sind seitdem entschwunden,
Und dein Reiz noch immer nah.
Damals auch trieb bittrer Kummer
Mich aus meinem Heimatland,
Einer Mutter Grabesschlummer,
Trüb ein mißgeschlungnes Band.
Doch wie anders und wie besser!
Die Erinnrung kam zur Rast,
Schwächer wie der Abstand größer,
Jeder Schritt nahm eine Last;
Und von jeder hohen Schwelle
Sah ein Himmlischer mich an,
Rückte sacht auf dem Gestelle,
Lud zu sich den Wandersmann.
Nun sind müder meine Füße,
Kummer hält schon gleichen Schritt,
Wo ich Tempel ehrend grüße,
Nahm die Zeit die Götter mit.
Einer nur ist mir erschienen,
Aber ich ertrug ihn nicht,
Und der Abglanz seiner Mienen
Ward statt Flügel mir Gewicht.
Schien er wie ein Zeus zu schreiten,
Mir hielt er, ein Chronos, vor
All den Unterschied der Zeiten,
Ach, und all, was ich verlor.