Reisen wir bald nur noch virtuell?
Wir, die Menschen haben die Erde, unseren Planeten, grundlegend geändert… mehr
Eva Horn im Deutschlandfunk-Interview: „…was ich Ihnen jetzt gleich sage, das ist ein relativ robuster Forschungsstand, den auch nicht ich entwickelt habe, sondern den zahllose Kollegen sowohl in den Naturwissenschaften als auch in den historischen Wissenschaften vorgeschlagen haben. Und die verweisen eigentlich auf vier verschiedene Schwellen. Da muss man jetzt also erst mal ganz, ganz weit zurückgehen und zunächst mal fragen: Wann beginnt der Mensch eigentlich, Landschaften, aber auch Organismen, also Tiere und Pflanzen, massiv und systematisch zu verändern? Schon mit dem Einsatz des Feuers ändert der Mensch Landschaften und auch den Bewuchs der Landschaften, aber spätestens mit der Sesshaft-Werdung, also vor etwa 6.000 Jahren, beginnt die Menschheit, eben wirklich in Landschaften einzugreifen.
Eine zweite Schwelle, die schon sehr in die Moderne reinreicht, wäre der Kolonialismus, also im Grunde genommen wäre da der Startpunkt die Entdeckung der neuen Welt, in dem Moment wird eigentlich der Planet auch erst komplett oder der Globus komplett erschlossen von Europa aus. Das beginnt mit zunächst mal einer geografischen Entdeckung, aber diese Entdeckung führt sehr schnell nicht nur zu einer Ausbeutung dieser neuen Welt, also die Gewinnung von Ressourcen, die Rückkehr von Pflanzen und Tieren, die eben in der neuen Welt entdeckt werden.
Vielleicht der Importartikel in die neue Welt aus Europa, der am dämonischsten gewesen ist und vielleicht auch am aktuellsten, das sind die Seuchen. Die Ureinwohner Nord- und Südamerikas sind absolut nicht resistent gewesen gegen die Seuchen, die Europäer mitbrachten, und die für die dort lebenden Ureinwohner eben viel, viel tödlicher verliefen als für die Europäer. Also Pocken, Diphterie, Scharlach, alle möglichen Krankheiten, auch die einfache Grippe, diese Krankheiten haben die Bevölkerung dort um 95 Prozent reduziert…
… mit dem Kolonialismus gibt es sozusagen eine Vorstellung vom Planeten als Globus, und es beginnt eigentlich eine Wirtschaftsweise, die sozusagen alles in Waren verwandelt. Es ist eine zweite Schwelle, die schon sehr deutlich auf die Moderne und unsere heutige Zeit eben mit der Globalisierung verweist. Eine dritte Schwelle ist natürlich, ganz, ganz wichtig, der Einsatz von fossilen Brennstoffen und damit die industrielle Revolution. Die Schwelle, die heute von Forschern eigentlich aber als der klassische Einsatzpunkt des Anthropozäns angesetzt wird, ist die sogenannte „Great Acceleration“, also die große Beschleunigung, das ist der Moment, in dem man von dem schweren und doch nur mitteleffizienten Energieträger Kohle auf Öl umsteigt, also auf Erdöl und Erdgas.
Es ist das Erdöl, das es nicht nur ermöglicht, Individualverkehr zu betreiben oder zum Beispiel auch Flugzeuge fliegen zu lassen, das ginge mit Kohle nicht, Erdöl ist auch so eine Art Universalmaterie für ganz viele Stoffe, es ist eigentlich die Grundlage für die meisten Plastikstoffe. Und mit dieser großen Beschleunigung, die man sozusagen als Startpunkt in die 1950er-Jahre des 20. Jahrhunderts legen kann, beginnt wirklich etwas wie eine Eskalation von ganz, ganz vielen Parametern, einerseits sozioökonomischen, also Verbrauch bestimmter Ressourcen, das Wachstum der Städte, die Mobilisierung der Menschheit, jedenfalls in den Industrienationen, Tourismus, bestimmte Formen von immer weiter erhöhtem Konsum.“
Quelle und das ungekürzte Interview vom 24.Mai im Deutschlandfunk
James Lovelock: „Novozän“ Cyborgs retten die Welt vor dem Untergang
Maja Göpel „Unsere Welt neu denken“
Eine Lange Nacht vom Klima in der Literatur Der Planet schlägt zurück