Folgendes Interview wurde von Karl-Heinz Hänel publiziert:
Cord Christian Troebst hatte eine Journalisten-Karriere, wie sie heute kaum noch denkbar ist. 1933 in Bukarest geboren, floh der Sohn des deutschen Auslandskorrespondenten Hans Troebst 1944 nach der Kapitulation Rumäniens nach Deutschland. Nach dem Abitur 1954 arbeitete er als Jungredakteur bei der populärwissenschaftlichen Zeitschrift Kristall in Hamburg und reiste für den Axel Springer Verlag bis 1956 durch den Libanon, Syrien, Jordanien, Irak und Ägypten. Ein Jahr später folgte die Auswanderung in die USA, wo er als PR-Writer im McGraw-Hill-Verlag New York, dem damals größten Fachzeitschriftenverlag der Welt, schrieb. 1959 begann Troebst als freier Mitarbeiter für deutschsprachige Zeitungen und Zeitschriften zu schreiben, für den Stern, VDI-Nachrichten, Die Weltwoche (Zürich), die Welt, Hobby, sowie für die amerikanischen Zeitschriften True Magazine, Men, Male sowie True Action, und veröffentlichte im Lauf der nächsten Jahre erste Bücher im ECON- Verlag.
1964 trat Troebst als US-Korrespondent in das New Yorker Büro des Springer-Auslandsdienst ein. Es folgten viele Reisen durch die USA mit Reportagen und Berichten für alle damaligen Objekte des Springer-Verlags. Drei Jahre später wurde er durch den Verleger Axel Springer zum Chefredakteur des SAD berufen, als jüngster Chefredakteur des Hauses. Dafür kehrte er nach zehn Jahren aus den USA in die Zentrale nach Hamburg zurück. Von 1967 bis 1994 leitete Troebst den SAD und machte Auslandsreisen in über 40 Länder. Seit seiner Pensionierung ist Troebst als freier Journalist aktiv, hauptsächlich für Reisethemen, z.B. ein Besuch in Georgien für die Huffington Post Deutschland
Sein Bestseller bis heute, noch vor den Zeiten Rüdiger Nehbergs: Survival “Auf Wunder ist kein Verlass, die Kunst des Überlebens.“ Auch als Kindle Edition und in mehreren Sprachen.
Interview: Wer eine Reise macht, der kann immer was erzählen. Und ich hatte die Gelegenheit, Cord Christian Troebst dazu ein paar Fragen zu stellen:
Welches waren unvergessliche Reise-Erlebnisse für Sie?
„Schwer zu sagen, es gibt so viele. Machu Picchu, die Galapagos, Grönland, die Lofoten, die Südsee. Und zu meiner Zeit als Auslandskorrespondent in den USA die Reportagen von Cape Kennedy und die Interviews mit Astronauten etc.. Und später, als ich dann im Axel Springer-Verlag in Hamburg saß, waren es kurze Begegnungen mit Leuten wie Nixon, Reagan, oder in Israel Begegnungen mit Teddy Kollek, Abba Eban und mit einigen Politikern in Südafrika.“
Sie leben in Hamburg und Berlin, wo waren Sie am 9. November 1989?
„Auf einem Empfang im Springerhaus, mit Kollegen standen wir um den damals regierenden Bürgermeister Walter Momper herum. Plötzlich kam einer seiner Assistenten, flüsterte ihm ins Ohr. Momper erblasste und verabschiedete sich mit einer Entschuldigung. Drei Stunden später gegen Mitternacht war ich in meinem Hotel am Ku-Damm, hörte unten wahnsinniges Hupen und sah aus dem Fenster blickend lauter Trabbis, die Mauer war auf.“
Kann man so viele Reiseerlebnisse im Gedächtnis behalten?
„Die Höhepunkte und oft auch die Kleinigkeiten erinnere ich. Helfen tun dabei die Reiseandenken, vor allem aber meine Reiseberichte, Tonbänder, Fotoalben und Tagebücher. Ich habe mein Leben lang Tagebuch geführt. Meine Mutter hielt mich dazu an, schon als ich vier war, diktierte ich ihr meine Erlebnisse, meine ersten Lebensjahre hielt mein Vater Hans schriftlich fest, er war ja auch Journalist. Wenn ich die Tagebücher so z.B. von 1940 lese, bin ich doch erstaunt, wie viel man vergisst. Und dann wird plötzlich alles wieder lebendig.“
Wie sehen Sie den Medienwandel bei Print und Online?
„Da wage ich keine Prognose. Ich persönlich habe nur eine Hoffnung: Das e-book ist zwar eine tolle Erfindung, weil man nicht mehr so viele Bücher in den Urlaub schleppen muss. Aber jedes Buch, das ich auf dem e-book lese, kaufe ich mir anschließend als Hardcover. Ein Buch in der Hand zu halten ist etwas Unvergängliches. In meinem Keller stehen, ich schätze mal, 3.000 Bücher und auf meinem Nachttisch türmen sich die noch nicht gelesenen. Leider kommt Dank e-mail auch das Briefeschreiben immer mehr aus der Mode. Und e-mails sind doch so vergänglich – ein Knopfdruck, und die Gedanken oder Wünsche des Briefpartners sind verschwunden. Aber dem Fortschritt kann man sich nicht entziehen. Ich kopiere jede mail, die ich bekomme oder schreibe in mein Tagebuch. Leider werden auch viele Buchverlage in den nächsten Jahren eingehen, Buchhandlungen wohl ebenso. Und bei den Zeitungen hat ja schon vor langer Zeit das große Sterben eingesetzt.“
Was würden Sie angehenden (Reise-) Journalisten raten?
„Reise-Journalist als Hauptberuf halte ich für ein Unding. Es sei denn, man spezialisiert sich. Wer aber in dem Ressort publizieren will, sollte meiner Ansicht nach versuchen, ein originelles, eigenes Reiseportal im Internet aufzubauen. Kritisch, objektiv und hilfreich. Zum Beispiel in einem Asienbericht auch erwähnen, dass die Fischerdörfer im Foto romantisch aussehen, der Gestank aber nicht zum Aushalten ist. Denn sowas steht in üblichen, weil oft gesponserten Reiseberichten nicht drin.“
Wie empfinden Sie als gestandener Journalist die gegenwärtige Krise in den Printmedien, können Sie nachvollziehen, dass immer mehr Journalisten und Redakteure entlassen werden?
„Aus Sicht der Rationalisierungsunternehmen und der Erbsenzähler ist das angesichts der digitalen Konkurrenz wohl notwendig. Axel Springer hat (uns Chefredakteuren) in den 70er Jahren mal gesagt: Es kommt der Tag, wo unsere Leser nur auf den Knopf zu drücken brauchen, dann kommt die aktuelle Zeitung aus dem Fernseher. Und das wird personelle Konsequenzen haben. Zeitungen wimmeln heute vor Druckfehlern etc..“
Was bleibt Ihnen persönlich als Bereicherung aus dem Berufsleben?
„Eine wachsende Toleranz gegenüber anderen Rassen, Kulturen, Sitten und Gebräuchen. Das anhaltende Bemühen, (durch vorausgegangene oder anschließende Lektüre) möglichst viel über die Geschichte der besuchten Länder zu erfahren. Ich habe rund 40 Länder besucht, manche gründlich, manche en passant, aber ich wuchs auf in der Mandschurei, in Rumänien, in Deutschland und verbrachte zehn Jahre in den USA. Dafür bin ich dankbar und hoffe, meine Kinder ebenfalls im Geist der Toleranz erzogen zu haben. Ich bin immer wieder erschüttert, wenn Urlauber aus irgendeinem Land zurückkommen, und nach ihren Erlebnissen befragt sagen: Ja, das Hotel war schön, der Strand und das Essen waren gut …“
Vom Land selbst haben sie nichts gesehen! Oder sie meckern über den Kellner in Spanien, der kein Deutsch sprach …“.
Schreiben Sie selbst noch?
„Nein, tue ich so gut wie gar nicht mehr, das wird heute zu schlecht bezahlt und läuft nur noch auf Klinkenputzen hinaus.“
Haben Sie noch Reisepläne?
„Ja, zusammen mit meiner Lebensgefährtin noch mal zurück zu meinen Wurzeln, eine Flusskreuzfahrt auf der Donau, mit Tagesausflug in meine Geburtsstadt Bukarest.“
Sie sind Jahrgang 1933, in Ihrem Alter zählt Gesundheit und Glück?
„Wohl wahr. Vor allem hatte ich sehr viel Glück in meinem Leben und es vor drei Jahren neu gefunden. Glück empfindet man erst so richtig, wenn man es teilen kann.“
Cord Christian Troebst, eine Auswahl seiner Bücher:
Der Griff nach dem Mond ECON-Verlag 1959
Der Griff nach dem Meer ECON-Verlag 1960
Auf Wunder ist kein Verlass – die Kunst des Überlebens ECON Verlag 1963
Unter Segeln um die Welt – Bucher Verlag
Gottlob Tröbst, ein Gelehrtenleben zwischen Weimar und Moskau- Weimarische Verlagsanstalt
Das aktuelle Buch: Der himmlische Funke, rezensiert von Karl-Heinz Hänel